m
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung F45.4
Bei einer Schmerzstörung wird der Schmerz vom Symptom zur
Krankheit. Er verliert seine Warnfunktion und verselbstständigt sich.
Im internationalen Diagnoseschema ICD-10 werden chronische
Schmerzen ohne erhebliche organische Ursachen als anhaltende
somatoforme Schmerzstörung (F 45.4) bezeichnet:
•
anhaltend: Dauer seit mindestens einem halben Jahr
•
somatoform: die Schmerzen schauen aus, als wären sie rein
organisch bedingt, sie lassen sich jedoch nicht bzw. nicht
ausschließlich organmedizisch erklären
•
Schmerzstörung: der Schmerz selbst ist zur Krankheit
geworden
Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung ist folgendermaßen
charakterisierbar:
•
Die Betroffenen leiden primär an einem andauernden, schweren
und quälenden Schmerz, der seit mindestens einem halben Jahr
an den meisten Tagen auftritt.
•
Der Schmerz ist durch physiologische (biologische) Prozesse
oder eine körperliche Störung nicht vollständig erklärbar
(organische Ursachen erklären nicht das Schmerzausmaß).
•
Der Schmerz tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder
psychosozialen Problemen auf. Die Konflikte und Probleme sind
so schwerwiegend, dass sie als ursächliche Einflüsse gelten
oder die organischen Beschwerden zumindest verstärken.
•
Der Schmerz steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und des
Erlebens und führt zu einer großen persönlichen Zuwendung
oder medizinischen Betreuung.
In Deutschland wurde im Jahr 2009 die übergeordnete Bezeichnung
Schmerzstörung (F45.4) eingeführt und unterschieden in (wie bisher)
anhaltende somatoforme Schmerzstörung, d.h. ohne körperliche
Schmerzursachen (F45.40), und (neu) in chronische Schmerzstörung
mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41). Auf diese Weise
werden körperliche Faktoren stärker berücksichtigt.
Schmerzstörung - wenn Schmerzen vom Krankheitssymptom zur eigenständigen Krankheit werden
Charakteristika somatoformer Schmerzsyndrome
Somatoforme Schmerzsyndrome sind weniger durch
typische Symptommuster charakterisiert als vielmehr durch
eine bestimmte Erlebnisverarbeitung körperlicher Vorgänge
sowie durch ein ungünstiges Krankheitsverhalten der
Betroffenen. Die Störung chronifiziert, wenn keine Behandlung
im Sinne des bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnisses
erfolgt, weshalb möglichst rasch nach der organmedizinischen
Abklärung eine Intervention im Rahmen eines
multiprofessionellen Behandlungsansatzes erfolgen sollte.
Die Betroffenen haben sich oft jahrelang mangels besseren
Wissens an einem ausschließlich organmedizinisch definierten
Erklärungsmodell orientiert, das häufig von den Ärzten durch
bestimmte Diagnosen und Therapien unterstützt wurde.
Bei der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung muss
zwischen den auslösenden emotionalen und psychosozialen
Stressfaktoren und den erst sekundär durch den
Krankheitsverlauf entstandenen psychischen Problemen
unterschieden werden. Schmerzstörungen treten oft auch
zusammen mit anderen psychischen Störungen auf
(Depressionen, Angststörungen u.a.).
Bei einer Somatisierungsstörung (F45.0) bestehen neben
Schmerzen auch diverse vegetative Beschwerden und eine
rasche Erschöpfung bei nur geringer Anstrengung.
Typische Folgeprobleme: Fernbleiben von der Arbeit bzw.
Schule, langer Krankenstand, Arbeitslosigkeit,
Frühpensionierung, übermäßiger Medikamentenkonsum,
Missbrauch von Beruhigungs- oder Schmerzmitteln, häufige
Inanspruchnahme medizinischer Einrichtungen, sozialer
Rückzug, Partnerprobleme, Einschränkungen der
Freizeitaktivitäten bis hin zur völligen Inaktivität, Verminderung
jeder körperlichen Betätigung, Beeinträchtigung der
Feinmotorik, depressive Zustände, hohe Kosten.
panikattacken.at/schmerzstoerung