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Magersucht (Anorexie) F50.0
Eine Anorexia ist charakterisiert durch einen absichtlich herbeigeführten
und aufrechterhaltenen Gewichtsverlust mit einem BMI (Body Maß
Index) unter 17,5 aufgrund massiver Ängste, zu dick zu sein. Es besteht
eine Körperschemastörung und eine Unterernährung mit gefährlichen
körperlichen Veränderungen bis hin zur Lebensbedrohung.
Neben der anhaltenden massiven Einschränkung der Art und Menge der
Nahrungsmittel, oft in Verbindung mit exzessivem Sport (restriktiver Typ)
gibt es auch eine bulimische Form der Anorexie mit Gegenmaßnahmen
bei Heißhungerattacken (Erbrechen, Abführen). Am häufigsten ist die
Störung bei heranwachsenden Mädchen und jungen Frauen;
heranwachsende Jungen und junge Männer, Kinder vor der Pubertät und
Frauen bis zur Menopause können ebenfalls betroffen sein. Es gibt auch
eine atypische Form der Anorexie (es sind nicht alle Kriterien erfüllt).
Das Bedürfnis nach Kontrolle über den Körper und die Ernährung ist mit
dem damit verbundenen Erfolgsgefühl ein Hauptmotiv. Die Anorexie ist
ein untauglicher Autonomie-Versuch gegenüber der Umwelt dar.
Essstörungen: Essen oder Nicht-Essen als MIttel der Regulation der psychischen Befindlichkeit
Essattacken ohne Erbrechen (binge eating) F50.9
Bei der Binge-Eating-Störung bestehen regelmäßige
Heißhungeranfälle mit der Aufnahme großer Nahrungsmengen
ohne Erbrechen. Die Fressattacken sind weniger begrenzt als
bei der Bulimie (z.B. über Tage nicht episodenhaft), bestehen
mindestens an zwei Tagen pro Woche und werden von keinen
kompensatorischen Maßnahmen (Erbrechen, Abführmittel)
begleitet.
Anders als bei der Anorexie und der Bulimie sind auch viele
Männer betroffen (35 % sind Männer). Diese Störung führt
häufig zu krankhaftem Übergewicht (Adipositas). Wenn der
Heißhungeranfall gestillt ist, treten depressive Gefühle auf.
Oft wird dann versucht, weitere Essattacken zu unterdrücken,
um wieder Selbstkontrolle über das eigene Essverhalten zu
erlangen. Wenn dies scheitert, ziehen die Betroffenen sich
häufig zurück und leben ihre Essattacken im Verborgenen aus.
Ess-Brechsucht (Bulimie) F50.2
Bei einer Bulimie bestehen häufige Episoden von Fressattacken, bei
denen große Mengen an Nahrung in kurzer Zeit konsumiert werden,
eine ständige Beschäftigung mit dem Essen, eine unwiderstehliche
Gier oder Zwang zu essen. Die Betroffenen versuchen der
Gewichtszunahme mit folgenden MItteln entgegenzusteuern:
absichtliches Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, zeitweilige
Hungerperioden (Fasten, um schlank zu werden), Gebrauch von
Appetitzüglern, Abführmittel oder harntreibenden Mitteln, exzessiver
Sport. In Fressphasen verschlingen die Betroffenen genau jene
Nahrungsmittel, die sich sonst verbieten. Es besteht eine
Selbstwahrnehmung als "zu fett": die ideale Figur soll das
Selbstwertgefühl erhöhen. Eine Bulimie ist jedoch primär ein
spannungs- und emotionsregulierendes Verhalten mithilfe von
Fressen und Erbrechen. Aufgrund der kurzfristigen Wirkung bleibt
dieses Verhalten bestehen, trotz Schuldgefühlen nach den Attacken.
Eine Bulimie erfolgt heimlich (Eltern/Partner sind oft ahnungslos).
Als eine Form der Essstörung kann man auch eine Adipositas
ansehen, wenn das Essen in Zusammenhang mit der psychischen
Befindlichkeit steht, denn das Wesentliche einer Essstörung ist der
Umstand, dass Essen bzw. Nicht-Essen ein Mittel zur Regulation
der psychischen Befindlichkeit darstellt. Die Diagnose lautet dann:
Psychologische Faktoren und Verhaltensfaktoren bei Adipositas,
Diagnose-Code F54 In Verbindung mit E66 (Adipositas-Code).
Ganz allgemein gilt bezüglich Esssstörungen:
Es handelt sich dabei um ein zustandsveränderndes Verhalten,
ähnlich wie bei Drogen (daher früher oft “Sucht” genannt).
Die Betroffenen können mit inneren Zuständen wie Leere, Wut,
Ärger, Traurigkeit, Einsamkeit und Langeweile nicht umgehen und
wollen diese Probleme auf der Ebene des Essens bzw. Nicht-Essens
lösen. Das herrschende Schlankheitsideal sowie falsche
Essgewohnheiten sind oft nur Auslöser bzw. Verstärker der Essstörung,
aber nicht die einzige Ursache.